Wie kann eine Sportveranstaltung nachhaltig gestaltet werden? Dieser Herausforderung nimmt sich der Ingelheimer Halbe e.V. gerne an. Wie der Verein den jährlich stattfindenden Stadtlauf nachhaltig gestaltet und welche Hürden aber auch Unterstützungen dabei den Weg zur Veranstaltung pflastern, hat uns der Vorsitzende Peter Hammann im Interview erläutert.
Was macht der Ingelheimer Halbe e.V. und seit wann ist der Verein aktiv?
Wir haben uns als Verein im Herbst 2016 gegründet und sind ein sehr junger Verein mit circa 30 Mitgliedern. Wir organisieren den größten Stadtlauf in Ingelheim, der einmal im Jahr stattfindet. Es gibt die beiden Disziplinen Laufen und Walken über verschiedene Distanzen: eine Kinderstrecke über 600 Meter, einen 5- und 10 km-Lauf sowie den Halbmarathon – den Ingelheimer Halben.
Was ist das Besondere an der Veranstaltung und wieso nehmen Menschen so gerne daran teil?
Wichtig ist uns, dass wir eine Veranstaltung für alle organisieren – vom Kindergartenkind bis zum Profi. Der Breitensportgedanke hat bei uns Vorrang, aber unsere 10 km und Halb-Marathon Distanzen entsprechen auch den DLV Richtlinien. Professionelle Wettkämpfer können hier also auch Rekorde knacken. Wir möchten das Laufen in die Breite der Bevölkerung hineintragen. Menschen für Sport begeistern. Bei unserem dritten Lauf haben über 500 Kinder- und Jugendliche teilgenommen. Das Interesse von Firmen, Schulklassen und anderen Gruppen für dieses gemeinschaftliche Sportereignis ist sehr groß. Zudem gibt es ein großes Rahmenprogramm. Unser Anspruch ist es, ständig zu schauen, was wir anders machen können.
„Unser Anspruch ist es, ständig zu schauen, was wir anders machen können.“
Welche Rolle spielen Nachhaltigkeitsaspekte bei der Großveranstaltung?
Wir versuchen von Anfang an auf bestimmte Nachhaltigkeitsaspekte zu achten. Bei solchen Laufveranstaltungen oder Tagesveranstaltung ist bspw. der Abfall immer ein besonderes Thema. Und auch die Frage: Was können wir eigentlich wesentlich beeinflussen – wie nachhaltig kann eine Veranstaltung sein? Wir achten darauf, möglichst viele Glasflaschen auf dem Gelände einzusetzen. Bei den Getränken für die Läuferinnen und Läufer an der Strecke versuchen wir auf nachhaltig hergestellte Papierbecher zurückzugreifen. Wir regen vor dem Lauf die Teilnehmer*innen bereits dazu an, dass Sie mit dem Zug nach Ingelheim kommen. Es gibt auch direkt am Bahnhof ein großes Fahrradparkhaus. Bei den Streckenbeschilderungen prüfen wir, ob wir Bodenmarkierungen wie z.B. Sprühkreide einsetzen können, die keine Rückstände hinterlassen. Bei der Verpflegung arbeiten wir mit regionalen Betrieben zusammen. Statt Bananen gibt es jetzt bei uns Erdbeeren und saisonales Obst aus der Region. Bei unserem virtuellen Lauf in diesem Jahr haben alle Teilnehmer*innen ein nachhaltig produziertes Schlauchtuch erhalten. Wir sind nun auch im Austausch mit einem Händler aus der Region, der sich ausschließlich auf nachhaltige Sportbekleidung spezialisiert hat.
Mit welchen Herausforderungen werden Sie konfrontiert, die Veranstaltung möglichst nachhaltig zu gestalten?
Die Umsetzung ist an einigen Stellen noch schwierig, da es noch nicht so viele Produkte oder Alternativen am Markt gibt. Und die, die es gibt, muss man erst einmal finden. Hier ist viel Recherche notwendig und häufig sind die nachhaltigen Alternativen dann auch etwas teurer oder aufwändiger in der Umsetzung wie etwa ein Mehrwegsystem auf dem Gelände. Wenn wir im Markt Angebote finden, versuchen wir die Dinge auch umzusetzen. Das geht nicht immer alles direkt, sondern Schritt für Schritt. Wichtig ist uns, dass auch externe Organisationen oder Gruppen mit einbezogen werden, um über den Tellerrand zu schauen. Hier ist auch sehr viel in Bewegung. Die Stadt Ingelheim überarbeitet derzeit ihre Sportförderrichtlinie und plant, Nachhaltigkeitsaspekte stärker darin zu fördern. Wir arbeiten mit der Stadt Ingelheim zusammen, mit der Werbegemeinschaft, es gibt auch einen Austausch mit der Steuerungsgruppe der Fairtrade Stadt Ingelheim oder seit einigen Monaten über die Stadt mit ELAN.
„Hier ist Sport ein Abenteuer, ein Erlebnis vor Ort in der Heimat.“
Was bedeutet das Engagement im Verein Ingelheimer Halbe e.V. für Sie persönlich?
Die Zufriedenheit bei den vielen anderen Menschen zu sehen, egal ob Sie teilnehmen oder zuschauen – das ist mein Lohn. Bei Gruppen den Teamspirit zu sehen oder die Geschichten von Menschen zu hören, die zum Beispiel sonst kaum Sport machen, das ist wirklich klasse. Hier ist Sport ein Abenteuer, ein Erlebnis vor Ort in der Heimat. Die Zusammenarbeit im Organisationsteam macht großen Spaß. In unserem Verein haben sich Menschen zusammengefunden, die sich am Anfang nicht kannten und wo jetzt Freundschaften entstanden sind. Alle bringen das ein, was Sie können. Wir arbeiten das ganze Jahr auf diesen einen Termin hin und insofern unterscheidet sich diese Vereinsarbeit von vielen anderen, wie etwa einem Fußballverein.
Nach der Flut-Katastrophe in einigen Regionen in Rheinland-Pfalz, insbesondere an der Ahr, und Nordrhein-Westfalen, haben Sie mit Ihrem Verein kurzfristig am 15.08. einen Sommerlauf initiiert. Wie kam diese Idee zustande?
Der Sommerlauf war bereits einige Monate vorher in Planung. Auch als ein Test, wie wir ggf. eine größere Veranstaltung unter Corona-Bedingungen durchführen können. In den letzten Jahren haben wir immer die Einnahmen, nach Abzug der Kosten, an gemeinnützige Vereine gespendet. Aufgrund der großen Katastrophe an der Ahr und in Nordrhein-Westfalen haben wir gesagt, wir tun noch einmal alles um Hilfe für die Opfer und die Helfer*innen zu generieren. Wir haben 1.000 Euro direkt aus der Vereinskasse gespendet, aber es müssen noch ganz viele Schritte folgen, dass man dort irgendwann wieder ein normales Leben führen kann. Wenn dies überhaupt wieder so möglich ist. Der Sommerlauf wird zum Spendenlauf für die Opfer der Flutkatastrophe. Hier rufen wir auch gerne Alle zum Mitmachen auf, denn der Lauf wird zusätzlich als virtueller Lauf angeboten, für Menschen aus anderen Regionen, um etwas Gutes zu tun.
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