Wie können große Sport-Events langfristig lokale Sportstrukturen und Stadtgemeinschaften stärken? Mit dieser und weiteren spannenden Fragen beschäftigten wir uns auf unserer diesjährigen Zukunftskonferenz. In diesem Rückblick findet ihr Einblicke und zentrale Diskussionspunkte der Veranstaltung.
Unter dem Motto „Nachhaltige Sportvisionen: Globale Energie, Lokale Veränderung“ fand am 21. September die dritte Zukunftskonferenz der RENN.west-Kampagne „Ziele brauchen Taten“ im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund statt. Die Veranstaltung wurde gemeinsam mit der Stadt Dortmund als Host City der UEFA EURO 2024 durchgeführt.
Nach der Eröffnung durch Moderator Matthias Esch folgten erste Impulse von den beiden Gastgebern: Martin van der Pütten, Leiter der AG Nachhaltigkeit der UEFA EURO 2024 der Stadt Dortmund, und Dr. Klaus Reuter, Konsortialführer von RENN.west. „Für die Transformation müssen wir stets in Bewegung bleiben, denn die Ziele brauchen noch viel mehr Taten“, appellierte Letzterer an die Teilnehmenden aus Vereinen, Verbänden, Wissenschaft und Politik.
Keynotes: EURO 2024 & Nachhaltigkeit
Die anschließenden Keynotes thematisierten die Nachhaltigkeitsaktivitäten rund um die UEFA EURO 2024 aus der Innen- und Außenperspektive.
Tim Thormann gab als Nachhaltigkeitsbeauftragter der EURO 2024 GmbH Einblicke in die Nachhaltigkeitspläne der Meisterschaft. Ziel sei es, die bisher nachhaltigste Fußball-Europameisterschaft der Geschichte umzusetzen. „Unsere Vision für das Turnier ist es, ein nachhaltiges Vorbild zu schaffen, das in Zukunft als Referenz dienen kann“, so Thormann. Die Implementierung der Nachhaltigkeit in das Turnier erfolge durch die EURO 2024 ESG-Strategie, welche die drei Handlungsfelder Umwelt, Soziales und Governance beinhaltet. Konkrete Maßnahmen seien etwa eine nachhaltige Spielplangestaltung, die Schaffung barrierefreier Stadien sowie die Einrichtung eines Klimafonds für Vereine aus dem Amateurfußballbereich zur Umsetzung von Klimamaßnahmen.
Maximilian Rieger, Sportredakteur beim Deutschlandfunk, äußerte sich kritisch zu den Nachhaltigkeitsambitionen bei der EURO 2024. Die Glaubwürdigkeit einer nachhaltigen Fußball-Europameisterschaft werde durch Negativbeispiele wie der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar vergangenes Jahr aus gutem Grund angezweifelt. Diese sei ein „Tiefpunkt in Sachen Nachhaltigkeit“ gewesen.
Im Bereich der Sportgroßveranstaltungen im Fußball ließen sich jedoch auch positive Beispiele in Sachen Nachhaltigkeit finden. Bei der diesjährigen Frauen-Weltmeisterschaft wurde beispielsweise bereits vor Beginn des Turniers deutlich kommuniziert, dass es keine klimafreundliche Anreise nach Australien und Neuseeland gäbe. Dementsprechend wurde Geld gesammelt und für Klimaprojekte gespendet. Auch die Einrichtung eines Klimafonds bei der EURO 2024 bezeichnete Rieger als sinnvolle Maßnahme zum Umgang mit unvermeidbaren Emissionen. Konkrete Maßnahmen wie diese gingen zweifelsohne mit einer erhöhten Glaubwürdigkeit für die Nachhaltigkeitsbemühungen des Turniers einher.
Podiumsdiskussion: Nachhaltigkeit von Sportgroßveranstaltungen im Rampenlicht
Auch die anschließende Podiumsdiskussion nahm die Nachhaltigkeit von Sportgroßveranstaltungen wie der EURO 2024 unter die Lupe.
Im Umgang mit Nachhaltigkeitsbemühungen im Sport sei vor allem eine offene und ehrliche Kritikkultur wichtig, so Maximilian Rieger. Darin übten sich auch die Expert*innen auf der Bühne und sprachen geradeheraus über die Herausforderungen bei der Organisation nachhaltiger Sportgroßveranstaltungen.
Diskutiert wurde unter anderem über die Auswahl geeigneter, nachhaltiger Sponsoren. Jörg Förster, Vorstandsvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbands, verdeutlichte, dass diese nicht nur zur eigenen, sondern auch zur Glaubwürdigkeit der beteiligten Unternehmen beitragen könne, sodass schlussendlich beide Seiten profitierten.
Die nachhaltige Beschaffung sei, laut Lena Bernheime von der Deutschen Sporthochschule Köln, nach wie vor eine Herausforderung bei Großveranstaltungen. Nachhaltige Anbieter würden sich in der Regel nicht auf europäische Ausschreibungen bewerben, da der Bedarf ihre Kapazitäten übersteige. Für die kommunale Beschaffung konnte Nicole Mündelein, die Nachhaltigkeitsbeauftragte der Host City UEFA EURO 2024 Dortmund, eine wirksame Maßnahme benennen: Die Stadt Dortmund habe eine Ratsvorlage zur nachhaltigen Beschaffung eingeführt, die die Möglichkeit gibt, nachhaltige und faire Produkte trotz im Vergleich teureren Preisen vorzuziehen. „Das sollte flächendeckend in Kommunen die Regel werden“, so Mündelein.
Positives konnte Viktoria Krüger, Vizepräsidentin Zentrum für Menschenrechte und Sport, über die Berücksichtigung der Menschenrechte bei der EURO 2024 berichten. Dort fänden sie im Vergleich zu anderen Sportgroßveranstaltungen besondere Aufmerksamkeit. Für sie sei dabei aber zentral, zu verstehen, dass Menschenrechte neben sozialen Aspekten auch Themen wie Klimaschutz, Erhalt der Biosphäre und andere ökologische Variablen umfassen. „Menschenrechte müssen stets als Querschnittsthema verstanden und mit Nachhaltigkeit zusammengedacht werden!“
Am Ende der Diskussion stand die Frage: Was bleibt von der Nachhaltigkeit nach der EURO 2024? Einig waren sich die Podiumsteilnehmer*innen darüber, dass die Learnings aus dem Event für kommende Veranstaltungen weitergegeben werden sollten. Die EURO 2024 solle eine langfristige Wirkung für lokale Vereine und Organisationen sowie die Zivilgesellschaft entfalten, so Nicole Mündelein.
Gruppenphase: Ehrenamt und Nachhaltigkeit im Sport gemeinsam voranbringen
Am Nachmittag versuchten sich die Teilnehmenden in einer Teamarbeit selbst an der Erarbeitung konkreter Lösungsansätze. Gesucht und auch erfolgreich gefunden wurden Möglichkeiten, wie das Ehrenamt (auch über Sportgroßveranstaltungen) gestärkt werden kann, um unter anderem zur Mitarbeit von Nachhaltigkeit im Sport zu motivieren. Die Ideen reichten von der Erhöhung der Ehrenamtspauschale über Benefits wie Vergünstigungen in der Mitgliedschaft bis hin zu einem „Ehrenamt-Praktikumstag“, um verschiedene ehrenamtliche Stellen kennenzulernen.
Krönender Abschluss: Auszeichnung für nachhaltige Sportvereine
Der Tag im Fußballmuseum blieb spannend bis zum Ende, vor allem für die acht nominierten Sportvereine aus dem Wettbewerb „WestDerby Zukunft“. Diese hatten zuvor bereits die Möglichkeit, ihr Nachhaltigkeitsengagement in kurzen Pitch-Präsentationen vorzustellen. Zum Abschluss erfuhren sie nun, wer die Jury final überzeugt hatte. Einen Überblick über die Gewinner-Vereine im WestDerby Zukunft und ihre Nachhaltigkeitsprojekte gibt es hier.